Stargirl Interlude Lana Del Rey The Weeknd
Zur Online-Veröffentlichung des EP-Mixtapes „House Of Balloons“ im März 2011 sickern die ersten Informationen ins Internet. The Weeknd besteht im Wesentlichen aus dem 21-jährigen Abel Tesfaye. Zudem sollen die Produzenten Doc McKinney und Illangelo am Weeknd-Sound beteiligt sein. Grundsätzlich sei The Weeknd aber ein Ein-Mann-Unternehmen und Teil der XO Crew aus Toronto. Auch die kennt natürlich keine Sau, dennoch setzt sich die Combo als gut organisierter und übermotivierter Kreativ-Haufen in Szene. Zumindest verkauft man dieses Bild über etliche Tumblr-Seiten und Twitter-Timelines.
Einen einflussreichen Mentor findet The Weeknd in dem gerade zum Superstar aufgestiegenen Rapper Drake, der über seine Web-Kanäle Abel in den höchsten Tönen lobt. Drake twittert Lyrics von „House Of Balloons“, erklärt seine Faszination für den Jungspund aus der Nachbarschaft, dementiert aber zeitgleich: Er und sein Haus- und Hof-Produzent Noah „40“ Shebib haben nichts mit der Produktion zu tun.
Dennoch sind die Weichen für den Erfolg gestellt. „House Of Balloons“ besitzt die Qualität, um sich mit dem ganzen Musikindustrie-Rest zu messen. Die Veröffentlichung eines Albums von einem anderen aufsteigenden R’n’B-Sternchen, „Nostalgia, Ultra“ von Odd Futures Frank Ocean, reißt Kritiker sogar dazu hin, von einer gänzlich neuen R’n’B-Bewegung zu schwärmen.
The Weeknd und Frank Ocean seien Hybride aus dem Geist der vergangenen R. Kelly-Generation und den singenden Produzenten-Spezies James Blake, How To Dress Well und Jamie Woon. Man nennt die Chose Hipster-R’n’B, weil man sich offensichtlich nicht so ganz im Klaren darüber ist, dass es sich hier lediglich um die logische Weiterentwicklung eines Sub-Genres handelt, das es über die Jahre immer gegeben hat. Eine Aussage von The Weeknd über die musikhistorische Eigeneinschätzung gibt es jedenfalls nicht. Interviews finden lange Zeit gar nicht statt. Stichhaltige Kommunikation sowieso nicht. The Weeknd bleibt das geheimnisvolle Phänomen, das in seinen Songs im Falsett über Drogentrips und Beischlaf-Exzesse singt und Siouxsie and the Banshees‘ „Happy House“ aus dem Jahr 1981 covert.
Spacige Synthies, elektronische Drums und narkotische Melodien machen aus der inhaltlichen Kater-Stimmung eine musikalische Großtat. Auf der Erfolgsleiter, die im Jahr 2011 nicht in Albenverkäufen, sondern Twitter-Followern, Facebook-Likes und Free Download-Zahlen gemessen wird, geht es weiter nach oben.
In Drake findet Abel nicht nur einen treuen Supporter, sondern auch einen seiner größten Fans. Drake informiert seine Gefolgschaft in regelmäßigen Abständen von der Größe von The Weeknd und kollaboriert mit seinem neu gewonnenen Kumpel aus Toronto schon zu Beginn dessen noch junger Karriere. Auf der zweiten Mixtape-EP „Thursday“, die als Teil einer Trilogie im August 2011 erscheint, taucht Drake auf dem Song „The Zone“ mit einem Gastbeitrag auf. Am ersten Tag wird das Mixtape fast 200.000 Mal heruntergeladen.
The Weeknd revanchiert sich und legt Drakes „Trust Issues“ neu auf. Im Booklet seines zweiten Albums „Take Care„, auf dem The Weeknd auf zwei Songs dabei ist, lässt sich Drake zu großen Worten über den Newcomer hinreißen:
„An Abel: Dich zu treffen, hat mein Leben verändert. Und ob dus glaubst oder nicht: Du bist dafür verantwortlich, wie dringend ich möchte, dass dieses Album eines ist, das im Gedächtnis bleibt. Du bist eine begabte Seele und hast der Welt etwas extrem besonderes gegeben.“ The Weeknd revanchiert sich 2013: Auf seinem Album „Kiss Land“ geht der einzige Featurepart an Drake.
Für „Beauty Behind The Madness“ holt er sich 2015 Ed Sheeran und Lana Del Rey ins Boot.
Wie sehr The Weeknd im popkulturellen Hier und Jetzt angekommen sind, zeigt aber schon eine Auftragsarbeit aus dem Herbst 2011, nur wenige Monate nachdem das erste Mal überhaupt außerhalb der Stadtgrenzen Torontos von The Weeknd die Rede war: Für das Remix-Album von Lady Gaga darf The Weeknd den Song „Marry The Night“ neu interpretieren und sich so schlagartig einem Millionenpublikum vorstellen. Die Zuneigung der größten Pop-Stars der Gegenwart hat The Weeknd offensichtlich sicher. Millionen weitere Fans werden folgen.
Genau das manifestiert sich 2016. Er kollaboriert mit Kendrick Lamar, Future, abermals Lana del Rey und Daft Punk für die Platte „Starboy„. Darauf zelebriert The Weeknd seinen Popstar-Status, zeigt aber auch neue Facetten. Dazu zählt, dass er sich seiner Markenzeichen-Frisur entledigt und mit feschem Kurzhaarschnitt ein neues Kapitel aufschlägt. „Starboy“ knackt darüber hinaus einen Rekord: Kein Album wird am ersten Tag der Erscheinung bis dato häufiger gestreamt.
The Weeknd ist die neue Hoffnung des R’n’B. Zu seinen größten Einflüssen zählt er Prince und Michael Jackson. Dies hört man auf jedem seiner Alben. Der Kanadier deckt viele Seiten des Genres ab und hält sie mit seinem Pop-Appeal zusammen.